Respektlos!!! Gewehrsalven gleich hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz beim Parteitag seiner Schwesterpartei mehrfach dieses Wort in sein Mikrofon gejagt. Der Vorwurf galt dem Regierungsstil von Bundeskanzler Olaf Scholz. Dieser sei dabei, es sich aus Arroganz mit all jenen zu verscherzen, die dieses Land als Leistungsträger oder Verbündete braucht. Verhindern könne die sich deshalb anbahnende Katastrophe nur die Union.
Das Stichwort war klug gewählt. Denn Respekt war das große Versprechen im erfolgreichen Bundestags-Wahlkampf der SPD. Und wenigstens zurzeit sieht es so aus, als verhielte sich Kanzler Scholz mit seinem großen Machtwort (Atomkraftwerke) und seinem ziemlichen Machtwort (Hafen-Terminal) genau entgegengesetzt.
Bloß: Wen respektiert Friedrich Merz, neben dem Großkapital und sich selbst? Das ist schwer auszumachen. Und das Auftreten der Union ist reichlich destruktiv. Eine Opposition soll kritisieren, sie soll Mängel aufzeigen. Aber es ist ihr nicht verboten, gute und konstruktive Ideen zu äußern. Diese jedoch fehlen bei Merz wie auch bei Markus Söder.
Der CDU-Chef liegt auch schief, wenn er die Union als absolute Nummer 1 feiert. Tatsächlich bekäme sie gemäß derzeitiger Umfragen die meisten Stimmen, legt aber nicht wirklich zu. Regierungsfähig ist sie nicht. Auch Angela Merkel lag während ihrer Amtszeit in Umfragen immer wieder hinten. An Wahltagen kam es anders. Friedrich Merz ist somit, jedenfalls derzeit, ein rhetorischer Scheinriese.
Alls gut also für Olaf Scholz? Auch das nicht. Der Bundeskanzler macht Fehler, was angesichts der multiplen Krise verzeihlich ist. Was ihm fehlt, ist aber weniger die Fähigkeit zu flammenden Ansprachen. Probleme bereitet ihm eine Eigenschaft, die Insider so schildern: Er sei überzeugt, alles besser zu wissen und lasse das andere Menschen spüren.
Er sollte es gelegentlich mit Demut versuchen. Das hat noch keinem Politiker geschadet. Sondern es hilft.